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Halbinvaliden-Komapgnie der sächsischen Armee

Offizier und Soldat

August Friedrich trug diese Uniform von 1810 bis zu seiner Pensionierung 1821. Nach seiner Pensionierung durfte er die Offiziersuniform tragen, da er beim Ausscheiden aus der Armee zum Leutnant befördert worden war. Als Korporal, Sergeant oder Feldwebel trug er nicht das lange Gewehr, sondern ein Kurzgewehr.


Rückseite des Patenbriefes vom 17. August 1792 der Frau Christiana Elisabeth Richter für die am 13. August 1792 geborene Johanna Christiana Friederike Ose, das zweite Kind von August Friedrich Ose und seiner Ehefrau Johanna Friederike geb. Schultze.

August Friedrich Ose 1762 - 1825

Teil des Stammbaums

August Friedrich Ose (1762 - 1825) und seine Familie (Er hatte 16 Urenkel bzw. Enkelinnen)

Geburt, Eltern und Großeltern

August Friedrich Ose wurde am 26. Februar 1762 vormittags 8 Uhr in Sondershausen/Thüringen geboren. Getauft wurde er am 28. Februar in der Trinitatiskirche.
Seine Eltern waren der "Musketier der fürstlichen Garde" Heinrich Christoph Ose, ein Sondershausener (31.1.1725 - 17.3.1791), später als Invalide auch Bürger und Zeugmacher, und seine Ehefrau Maria Christina geb. Große, eine Sonderhauserin (etwa 1726 - 26.3.1800). Die Eltern waren am 6. August 1759 in der evangelischen Trinitatiskirche zu Sondershausen früh 6 Uhr getraut worden. Im Trauerregister ist vermerkt: "... und bekam das accidens" (vermutlich die Zustimmung des betreffenden Truppenteils). Ferner befindet sich dort folgende Bemerkung: "dispensando ohne vorherige Proklamation (Aufgebot)". Welche Bedeutung der Wegfall des Aufgebots hatte und weshalb die Trauung früh 6 Uhr stattfand, ist noch ungeklärt. Die Sache ist um so rätselhafter, weil die junge Frau noch nicht in anderen Umständen war. Das erste Kind kam erst 9 1/2 Monate nach der Trauung zur Welt.

Die Eltern des Vaters waren Johann Heinrich Ose, Bürger und Wollkämmer, der am 31. Juli 1757 in Sondershausen starb, und seine Ehefrau Johanna Margarete geb. ?, gestorben am 17. Oktober 1758 in Sondershausen. Beide haben also die Geburt ihres Enkels August Friedrich Ose nicht mehr erlebt.

Die Eltern der Mutter von August Friedrich Ose, waren Johann Große, gestorben in Sondershausen am 18. Januar 1743 als Bürger und Büchsenmacher. Seine Frau lebte bei seinem Tode noch.

Kindheit und Jugend

über die Kindheit und Jugend von August Friedrich Ose ist so gut wie nichts bekannt. Er besuchte wohl die Elementarschule in Sondershausen und verlebte dort auch seine Kindheit. Was er nach Beendigung der Schulzeit getan hat ist unbekannt. Hat er ein Handwerk erlernt, oder hat er am fürstlichen Hof gearbeitet? Jedenfalls trat er mit 17 Jahren in die hannoversche Armee ein.

August Friedrich Ose, das zweite Kind seiner Eltern, hatte noch vier Geschwister. von diesen hat er die ältere Schwester Maria Dorothea, geboren am 15. Mai 1760 nie kennengelernt, da sie schon vier Tage nach ihrer Geburt starb. Als August Friedrich Ose fast zweieinhalb Jahre alt war, bekam er eine weitere Schwester Christina Johanna Sophia, geboren am 29. Juni 1764. Was aus ihr geworden ist, ist nicht bekannt. Dies gilt auch von dem nächsten Kind Wilhelmina Friedrich Sophia, geboren am 5. November 1766 in Sondershausen. Als er 6 Jahre alt war, bekam er einen Bruder Christoph Friedrich Ose, geboren am 7. April 1768. Er starb 23jährig am 8. März 1798 in Sondershausen. Sein Beruf ist nicht bekannt.

August Friedrich Ose überstand in früher Jugend die Pocken ohne weitere Folgen. Als Erwachsener wird er als phlegmatisch-cholerischer Typ bezeichnet. Er habe eine ziemlich kräftige Körpersituation" gehabt.

Soldat in der Kurfürstlich Hannoverschen Armee 1779-1784

Aus dem im DDR-Staatsarchiv in Dresden vorhandenen Militärakten von August Friedrich Ose ergibt sich, dass er vor dem Eintritt in die sächsische Armee im Jahr 1784 fünf Jahre im hannoverschen Heer diente. In diesen Akten heißt es: "in fremden Diensten 5 Jahre bei der Infanterie Hannover". Er war dort mit 17 Jahren eingetreten. Näheres ist bisher nicht bekannt. Nur soviel, dass er 1781 als Soldat der hannoverschen Armee in Thüringen stand, wo er 6 wochen lang an einem "hitzigen Fieber" erkrankte. Weshalb 1781 hannoversche Soldaten in Thüringen gewesen sein könnten, ist nicht klar. Denn der bayerische Erbfolgekrieg dauerte von 1778-1779. Allerdings stand in diesen die hannoversche Regierung gegen Preußen und Sachsen, da sie im Gegensatz zu diesen die Erbansprüche der Kaiserin Maria Theresia anerkannte. Es könnte sich aber auch August Friedrich Ose in seiner Aufgabe geirrt haben. Sie erfolgte wenige Tage vor seinem Tod. Es besteht die Hoffnung, dass die Angelegenheit noch an Hand der Militärakten in hannover geklärt werden kann.

Eintritt in die Kurfürstlich Sächsische Armee 1784

Aus bisher unbekannten Gründen schied August Friedrich Ose 1784 aus der hannoverschen Armee aus und trat am 3. September 1784, 22 Jahre alt, in die Kompagnie des Herrn von Bibra ein. Es war die 8. Kompagnie des 7. sächsischen Infanterieregiments Prinz Xaver. August Friedrich Ose erhielt ein Handgeld von 2 Dukaten als Werbungsgeld. Ein Dukaten war eine Goldmünze, die vom 13. bis zum 19. Jahrhundert als einer der wichtigsten Welthandelsmünzen galt. Seit 1554 war sie die Hauptgoldmünze des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Sie besaß einen Goldgehalt von 3,44 g bei einem Gesamtgewicht von 3,45 g und einen Durchmesser von 2-2,5 cm. Hinzugefügt ist diesem Eintrag über August Friedrich Ose die Notiz: "Capitulation nein". Kapitulation bedeutete einst soviel wie "Dienstverpflichtungsvertrag". Ein solcher wurde also nicht abgeschlossen. Als Körpergröße erscheint in den Akten im Jahr 1799, als August Friedrich 37 Jahre alt war, die Angabe "Maaß in Zollen 73". Da ein Zoll in Sachsen damals einer Länge von 2,35 cm entsprach, ergab sich als Körpergröße 1,72 m, für die damaligen Verhältnisse ziemlich groß. Betrug doch damals der Größenbereich für die Infanterie 68-73 Zoll, also 1,60 - 1,72 m. Laut Regimentsakten war August Friedrich von "mässiger Körpersituation".

Das Regiment Prinz Xaver lag:
mit dem 1. Bataillon (Musketiere) und dem Stab in Naumburg
mit dem 2. Batallion (Musketiere) in Merseburg
mit den Grenadier-Kompagnien in Laucha westlich Naumburg.

August Friedrich Ose gehörte zunächst zu Kompagnie des Herrn von Bibra, später zur Kompagnie des Herrn von Schoenefeld. Vermutlich blieb er in derselben Kompagnie, die jedoch mit ihren neuen Chef auch dessen Namen erhielt. Sie gehörte zum 2. Batallion.

Prinz Xaver, gestorben 1806, war der Bruder des sächsischen Kurfürsten Friedrich Christian (1722-1763), der nach einer nur wenige Monate dauernden Regierungszeit 1763 an den Blattern (Pocken) starb. Sein Sohn, der Kronprinz Friedrich August, war damals erst 13 Jahre alt. Daher führte Prinz Xaver fünf Jahre die Regentschaft als "Administrator". 1768 wurde der Kronprinz mündig und trat als Kurfürst Friedrich August II. die Regierung des Kurfürstentums Sachsen an. 1809 wurde er durch Napoleon zum König "befördert".

Das Regiment Prinz Xaver war 1733 errichtet worden. Es ging hervor aus dem "Luftschlösser-Bataillon", 1723 von Feldmarschall Flemming gegründet. Es diente ursprünglich zur Bewachung von Schlossern. Nach dem Ende des siebenjährigen Krieges entstand das Regiment Xaver neu. Nach dem Tode von Prinz Xaver im Jahr übernahm das Regiment ein Herr von Oebschelwitz. 1810 wurde dieses Regiment wegen zu geringer Mannschaftsstärke aufgelöst und auf die übrigen Regimenter verteilt.

1735 erhielt das Regiment Prinz Xaver weiße UniformRocke statt der bisherigen roten. Die Aufschläge, der Kragen und die Weste hatten die Farbe lichtblau; die Knöpfe waren gelb. Mäntel besaß die Infanterie nicht, nur die Artillerie. Dies änderte sich erst durch den Eingriff Napoleons. Er befahl 1807, dass alle 1807 am Feldzug gegen Preussen teilnehmenden sächsischen Truppen, also auch die Infanterie, Mäntel erhielten. 1806 wurden die Uniformfarben z.T. geändert. Das Regiment Prinz Xaver besaß zu dem hellblaue Doublure (Rock- oder Mantelfutter) und gelbe Knöpfe. Die Hüte der Musketiere hatten einen durchgehenden weißen Bordenbesatz, die der Unteroffiziere waren jedoch je nach Farbe der Knöpfe mit silbernen bzw. goldenen Tressen eingefasst. Die Kokarden waren weiß. Erst 1810 erhielt die Infanterie statt der Hüte Tschakos(Kopfbedeckung von zylindrischer oder konischer Form). Gepudertes Haar und Haarzöpfe verschwanden erst nach 1806 stillschweigend.

Man musste damals unterscheiden zwischen "Musketieren" und "Grenadieren". Musketiere besaßen ein Gewehr (Muskete). Die Grenadiere hingegen waren mit einer Art Handgranaten ausgerüstet, die sie in die feindlichen Reihen warfen. August Friedrich Ose hat immer zu Musketiereinheiten gehört. Jedes Infanterieregiment umfasste damals 1740 Mann. Außer den offizieren gehörten noch 30 Serganten und 80 Korporale dazu.

Bemerkenswert für die sächsische Armee war im Gegensatz z.B. zur preußischen Armee der geringe Anteil von soldaten, die keine Landeskinder waren. so befanden sich 1773 nur insgesamt 17 Offiziere und 1094 Unteroffiziere und Mannschaften in der sächsischen Armee, die keine Landeskinder waren. Bei einem damaligen Gesamtbestand der Armee von ca. 19000 Mann waren dies nur 5%. Schon 1763 war angeordnet worden, dass für die Artillerie nur Landeskinder angeworben werden durften, und überhaupt sollten "Ausländer" nur beschränkt angeworben werden. so hat auch mit Recht der Großherzog Karl August von Sachsen-Weimar (1757-1828) die sächsische Armee als "doch eigentlich die einzige in Deutschland" bezeichnet, weil sie fast nur aus Landeskindern bestand. Damals war auch die Zahl der Deserteure der sächsischen Armee relativ gering.

Ehestand und Familie

August Friedrich Ose war seit 1784 in Merseburg stationiert. Die soldaten wohnten zum großen Teil in Bürgerquartieren, meist recht und schlecht. Ein erheblicher Teil war verheiratet und hatte Kinder, obwohl die Besoldung des einfachen soldaten und der unteren Chargen recht bescheiden war. Seit 1810 galt folgender monatlicher sold. Dazu kam täglich ein Brot von 750 g in guter Qualität.

Oberst = 250 Taler (Silbermünze)
Hauptmann (Inf.)= 83 bzw. 41
Premierleutnant (Oberleutnant) = 30
Secondeleutnant (Leutnant) = 22
Feldwebel = 6,5
Sergant = 4,5
Korperal = 3,5
Gemeiner = 2 1/12

In den Militärakten von August Friedrich Ose sind zwar Angaben über seine Löhnung gemacht; sie sind aber praktisch unleserlich. Eine Zivildienstverordnung ausgedienter Soldaten gab es nicht. Lediglich die Invaliden- und Halbinvaliden-Kompagnien nicht mehr felddienstfähiger bzw. nicht mehr garnisondienstfähiger soldaten boten eine gewisse Versorgung.

Bis 1789 avancierte August Friedrich Ose zum Korporal, dem untersten Unteroffiziersdienstgrad. Damals war er 27 Jahre alt. Er konnte nun auch daran denken eine Familie zu gründen. Seine Heimat gab ihm ohne weiteres die Heiratserlaubnis. Seine Verlobte war die 27jährige Johanna Friederike Schultze, geboren am 27. Oktober 1763 in Merseburg. Sie war die Tochter des inzwischen verstorbenen Merseburger Bürgers und Kaufmanns Johann Benjamin Schultze (22. März 1730 - 26. August 1771) und seiner Ehefrau Maria Christina geb. Kluge. Deren Ehe war am 26. August 1755 in Niedereichstädt (bei Merseburg) geschlossen worden. Der Geburts- und Sterbetag von Maria Christina Kluge ist noch nicht bekannt. Mit einiger Sicherheit ist sie in Niedereichstädt geboren.

Das handgeschriebene Aufgebot (Format 190x307) für das Brautpaar vom 18. Dezember 1789 lautet (modernisiert):

"Gnade und Frieden von Gott durch Christum! Es will der Herr August Friedrich Ose, Korperal vom löblichen Prinz Xaverischen Regimente und des Herrn Hauptmann von Bibra Kompagnie, sich mit Jungfer Johannen Friederiken Schultzin, Tochter weiland Herrn Johann Benjamin Schultzens, gewesenen Bürgers und Kaufmanns allhier, ehelich verbinden, und Festo II. Nat. Chr. & sequentes öffentlich aufbieten lassen (am zweiten Weihnachtsfeiertag und den folgenden Sonntagen). Nachdem er nun den erforderlichen Trauschein vom Regiment in Naumburg (dort lag der Regimentsstab) erhalten und mir ausgehändigt hat, von der Braut Seiten nichts Ehehinderliches bekannt ist, und man wegen des Bräutigams Ledigkeit und seiner Eltern Einwilligung das nötige priesterliche Zeugnis des nächsten zu erhalten Hofft, so soll das oben gezeigte Aufgebot in der Kirche St. Maximi allhier geschehen und mit der Copulation beschlossen werden. Gott lasse beide in seiner heiligen Furcht und Liebe wandeln, und gebe ihnen seinen zeitlichen und ewigen Segen, erfreue auch Dom. plur. rev. (Dominus plurissime reverendus= der am meisten zu verehrende Herr) Lectorem (den Leser) mit allem wahren wohlergehen durch unseren Herrn Jesum Christum!

Merseburg, den 18. Dezember 1789
Magister Johann Christian Fühumpp (?)
Assessor Consistorii Electoralis Saxoniae.
Pastor et Senior ad Div. Max. (Pastor an der Kirche zum Heiligen Maximus)"
.

Auf diesem Blatt findet sich in der linken unteren Ecke noch folgender Vermerk: "Der Vater Heinrich Christoph Ose, Bürger und Einwohner allhier". Diesen Vermerk hat vermutlich das Pfarramt Sondershausen gemacht, als ihm das Aufgebot vom Pfarramt Merseburg vorgelegt worden war. Denn der Vater des Bräutigams wohnte bis zu seinem Tode im Jahr 1791 in Sondershausen. Die Trauung fand nach dreimaligen Aufgebot am 10. Januar 1790 in der evangelischen Marktkirche St. Maximi in Merseburg statt, einer spätgotischen dreischiffigen Hallenkirche (erbaut 1452-1501), damals noch ohne Turm. Dieser wurde erst 1866 aufgesetzt.

Das erste Kind August Friedrich Ose (1790)

Schon am 5. Juli 1790 wird das erste Kind geboren, ein Junge, der in der Heiligen Taufe die Vornamen August Friedrich erhielt. Es waren die Vornamen seines Vaters. Die Taufe fand am 8. Juli 1790 in der St. Maximi-Marktkirche statt. Zwei Patenbriefe sind erhalten geblieben.

Der erste lautet (Format des Patenbriefes 190x160 mm):

Dieses Kleine Geschänke vor mein Batjen.
Merseburg, den 8. Juli 1790, Meister Christian Adam Feile

Der zweite Patenbrief lautet:

Mit dieser Gabe und Kleinem geschenk, Herzlieber Pate an deiner Taufe gedenk,
Daß Du von mir getragen bist in Jesu Christ.
der segne sich dich hier zeitlich und dort Ewiglich.
Dies wünscht am Tage deiner Geistlichen wietergeburt.
Dein trauer Taufzeige Meister Johann Gottlob Losch

Leider starb der Täufling schon am 21. September 1790 (1791?)

Das 2. Kind: Johanna Christiana Friederike Ose (1792-????)

Am 13. August 1792 folgt das zweite Kind, ein Mädchen, das die Namen Johanna Christiana Friedrike erhielt. Die Taufe fand am 17. August 1792 statt. Ein Patin hiess Christiane Elisabeth Richter (?), wie aus dem erhaltenen Patenbrief zu ersehen. Es waren noch weitere Paten vorhanden. Dieser Patenbrief war im Gegensatz zu den beiden anderen bis auf die Unterschrift und das Datum vorgedruckt. Es waren 6 Bibelstellen zitiert, ein Vierzeiler ersetzt den handgeschrieben Glückwunsch. Auf der Rückseite befinden sich in den Ecken farbige Bilder der 4 Evangelisten, in der Mitte die Darstellung einer zeitgenössischen Taufe sowie vier dreieckige Bilder aus dem Leben Jesus. Johanna Christiane Friederike, das einzige Mädchen, das nicht schon im Kindesalter stirbt, bleibt offensichtlich bis zu ihrer Verheiratung im Jahr 1821 zu Hause. Als ihr Vater 1818 verwitwet, führt sie ihm seinen Haushalt weiter. Sie heiratet am 8. Mai 1821 in Waldheim, wo die Familie Ose damals lebte, den dortigen Schuhmacher Ferdinand Christian Elste. Weiteres ist über dieses Ehepaar nicht bekannt. Es ist eventuell möglich, dass das Ehepaar Elste nach den 3 grossen Stadtbränden Waldheims in den Jahren 1831-33 Waldheim verliess, weil es dort keine Existenzmöglichkeiten mehr besass.

1. Koalitionskrieg 1792 - 1797

In diesem ihnen von Frankreich aufgezwungenen Krieg beabsichtigten die europäischen Mächte, die vor der Revolution 1789 in Frankreich herrschenden Zustände, insbesondere aber das Königtum wieder herzustellen. In diesem Sinn fand schon 1791 im Schloss Pillnitz bei Dresden eine Zusammenkunft des Deutschen Kaisers Leopold II., des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II., des sächsischen Kurfürsten Friedrich August II. (wobei sich dieser ausserordentlich zurückhielt) und einiger bourbonischer Prinzen statt. Daraus folgte am 7. Februar 1792 ein Bündnis zwischen Österreich und Preußen. Dies nahmen die Girondisten, eine einflussreiche Gruppe in der französischen Nationalversammlung, zum Anlass eines Krieges gegen die monarchischen Staaten und erklärten am 4. April 1792 Österreich und Preußen den Krieg. Der Krieg begann. Nach dem preußisch-österreichischen Rückzug nach der "Kanonade von Valmy" am 20. September 1792 stießen die französischen Truppen über den Rhein vor und besetzten z.B. Speyer, worms, Mainz, Belgien u.a. Goethe erlebte im Gefolge des Großherzogs Karl August von Weimar dieses Artillerieduell und äusserte danach gegenüber preußischen Offizieren: "von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus!"

In dieser gefährlichen Situation, die durch das vordringen der Franzosen entstanden war, erklärte der in Regensburg tagende Reichstag des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation Frankreich den Krieg und machte die Reichsarmee mobil. Jedes Land des Reiches musste gemäß Reichtagsabschluss im vorliegenden Fall das "Triplum" stellen, d.h. das dreifache Einheitskontingent. Für das Kurfürstentum Sachsen bedeutete dies die Stellung von 6000 Mann und 2700 Pferden. Der Abmarsch dieser Truppen aus ihren Garnisonen erfolgte am 10. Februar 1793 in drei Kolonnen zu je 1000 Mann hintereinander auf zwei verschiedenen Straßen. Am 16./17./18. März 1793 marschierten die Kolonnen durch Frankfurt. In fünf wochen Fußmarsch bei wohl vorwiegend winterlichem Wetter hatten die Truppen etwa 400 km zurückgelegt (ca. 11-12km am Tag).

Der sächsische Kurfürst hatte befohlen, dass nur etwa die Hälfte jedes Regiments in den Krieg ziehen sollte. Die eine Hälfte sollte nach einem Jahr durch die andere abgelöst werden. Der Sinn dieser teuren Maßnahme war, dass ein möglichst großer Teil der Armee Kriegserfahrung sammeln sollte. Nun wissen wir von August Friedrich Ose, dass er 1794 am Rhein gestanden hat, wo er an der Ruhr erkrankte und bald nach seiner Genesung von der Psoriasis (Schuppenflechte) befallen worden sei, welche 1/4 Jahr dauerte, aber ebenso völlig geheilt wurde. Die Ernährungsverhältnisse sowie die Unterkünfte waren gerade im Jahr 1794 besonders unerfreulich, so dass sich ein hoher Krankenstand heraus bildete und allein wegen des Hungers realtiv viele soldaten desertierten.

August Friedrich Ose gehörte also zur Ablösung 1794. Dieses Kontingent kehrte erst im Frühjahr 1795 in die Heimat zurück. Es wurde durch ein um etwa 50% größeres Kontingent abgelöst, wie es die verschärfte Kriegslage erforderte. Der 1. Koalitionskrieg war zwar ohne viele größere Ereignisse, es wurde aber viel marschiert, und es wurden viele kleinere Gefechte geliefert.

Die Kriegsführung der Franzosen war erfolgreicher als die der Reichsarmee, sodass sie französischen Truppen weit nach Deutschland vordringen konnten.
Die Verluste der sächsischen Truppen im 1. Koalitionskrieg 1792/96 sind für die geringe Kampftätigkeit bezeichnend:

88 Soldaten während des Kampfes gefallen
58 starben infolge ihrer Verwundung
762 starben an einer Krankheit, wobei die schlechten Unterkünfte und die schlechte Ernährungslage oft die auslösenden Elemente waren
224 desertierten, viele vor allem der zeitweise sehr schlechten Ernährungslage

Einzelheiten des 1. Koalitionskrieges findet man in dem dreibändigen Werk "Geschichte der sächsischen Armee. von deren Errichtung bis auf die heutige Zeit" von Schuster und Franke (1885, Leipzig, Verlag Duncker & Humbolt), Band 2, Seite 190-224.

Preußen hatte schon im Frieden zu Basel am 6. April 1795 sich mit Frankreich verständigt. Die Last des Krieges lag nun allein bei Österreich und der Reichsarmee ohne Preußen. Endlich, am 12. Oktober 1797 fand der 1. Koalitionskrieg mit dem Frieden von Campo Formio sein Ende. Die linksreihnischen deutschen Gebiete kamen zu Frankreich. Es war kein Frieden. sondern nur der Anfang des weiteren Expansionsstrebens Frankreichs, wie schon damals weit schauende Zeitgenossen richtig erkannten.

Das 3. und 4. Kind: Maria Sophia (1794) und Johanna Dorothea (1796)

Im März 1794 war August Friedrich mit seiner Einheit, dem 2. Bataillon des Infanterieregiments Prinz Xaver in den 1. Koalitionskrieg gezogen. In Abwesenheit des Vaters kam das dritte Kind Maria Sophia am 11. Oktober 1794 zur Welt, starb aber schon wenige Tage später am 23. Oktober 1794. August Friedrich Ose kam erst im Frühjahr 1795 in die Heimat zurück. 1796 kam die kleine Johanna Dorothea am 9. Januar zur Welt, starb aber schon wieder am 7. März 1796.

Das 5. und das 6. Kind:
Die Zwillinge Johann Karl Wilhelm Ose (1798-1880) und Johanna Dorothea Friederike Ose (1798-1799)

Der 15. März 1798 war ein besonderer Tag: Zwillinge wurden geboren; Johann Karl Wilhelm Ose, früh 8 Uhr, und seine Schwester Johanna Dorothea Friederika, früh 7 Uhr, welche aber schon nach einem Jahr am 17. April 1799 wieder gestorben ist. Nur über Johann Karl Wilhelm Ose hat sich die Familie fortgepflanzt, das sein Geschwister, soviel wie bekannt ist, keine Kinder hatten.
Die Taufe fand am 18. März 1798 in der evang. Kirche St. Maximi zu Merseburg durch Magister Georgi statt. Jedes Kind hatte 3 Taufpaten, sie zwei Frauen und ein Mann, bei Karl war es umgekehrt.

Das 7. und letzte Kind: Friedrich August Ose (1800-1875)

Friedrich August Ose wurde geboren am 13. Juli 1800 ebenfalls in Merseburg. obwohl er 75 Jahre alt wurde, ist über sein Schicksal nur sehr wenig bekannt. Jedenfalls scheint es kein besonderes sehr glückliches gewesen zu sein. Was er bis zu seinem 21. Lebensjahr getan und gelernt hat, können wir nur erahnen. Auf jeden Fall hat er die Elementarschule besucht, anfangs sicher in Merseburg, später auch in Colditz und Waldheim. Darüber hinaus dürfte er eine höhere Schule besucht oder zumindest gewisse zusätzliche Kenntnisse erworben haben, z.B. Lateinkenntnisse, vielleicht beim Pfarrer in Colditz und Waldheim. ob er vor dem Besuch der Medicinischen Akademie Dresden, die er vom 17. September 1821 bis 15. Juli 1823, also praktisch 4 Semester lang besuchte, ein Praktikum als Krankenpfleger oder ähnlicher Art absolviert hat, wie anzunehmen, wissen wir nicht. In den Akten der Medicinischen Akademie ist leider der Grund seines Ausscheidens nicht mehr feststellbar, weil er wegradiert ist. Es kann angenommen werden, dass ein schwerwiegender Grund zum vorzeitigen Ausscheiden von Friedrich August führte. Denn es sind auch keine Noten wie sonstigen Abgänge angegeben. Er scheint also das Studium haben abbrechen müssen. Um so erstaunlicher ist, dass er sich in dem Heiratsregister der Dresdner Kreuzkirche 4 monate später als "zukünftiger Chirurg in Wilsdruff" (Städtchen in der Nähe von Dresden) bezeichnet. Er heiratet nämlich am 9. November 1823 die Jungfrau Christina Wilhelmina Winkler, die Töchter des damals schon verstorbenen Bürgers und Lohgerbers August Winkler aus Bernstadt (zwischen Görlitz und Zittau gelegen). Was aus der Ehefrau geworden ist, ist uns nicht bekannt. Kinder scheinen der Ehe nicht entsprungen zu sein. Friedrich August hatte später offensichtlich keine großen Kontakte mit seinem Bruder Johann Karl Wilhelm. Immerhin bat die sterbende Frau von ihm ihren Sohn Oswald, an seinen Onkel Friedrich August zu schreiben, er möge nach Liebschwitz ziehen, um seinen Bruder Johann Karl Wilhelm bei der Erziehung seiner beim Tod seiner Frau noch sieben unmündigen Kinder zu helfen. Dieser Plan wurde allerdings nicht ausgeführt. Der Brief ging leider in den Wirren des 2. Weltkrieges und zwar bei der Zerstörung am 13./14. Februar 1945 verloren. Wie auch ein Brief, den Hugo Ose (1834-1899) an seinen Vater Johann Karl Wilhelm Ose in den 1870 Jahren über seinen Onkel Friedrich August schrieb, den er offensichtlich von Dresden aus in Bautzen besucht hatte. dort lebte zumindest in den letzten Lebensjahren Friedrich August Ose, welcher in der Sterbeurkunde als Handelsmann bezeichnet wird. Er soll auch ein kleines Lokal in Bautzen betrieben haben. Näheres ist leider nicht bekannt. Scheinbar waren seine äußeren Lebensverhältnisse nicht die besten. In einem Brief vom 24. Dezember 1875 von Johann Karl Wilhem Ose (1798-1880) aus Taubenpreskeln/Liebschwitz/Thüringen - dort wohnte er bei seiner Tochter Clara - schrieb an seinen Sohn Oswald (1832-1905), damals praktischer Arzt in Lausigk.
"von Julius (jüngster Bruder von Oswald) wirst Du von Tod meines Bruders in Kenntnis gesetzt worden sein. Die Nachricht von dem Todesfall war mir sehr unerwartet, und bedaure sehr, daß ich ihn nicht wieder zu sehen bekommen habe. Hugo hat mir einen sehr ausführlichen Brief über seine Lebensverhältnisse geschrieben. Diesen Brief werde ich Dir nach den Feiertagen zur Durchsicht übersenden."
Friedrich August Ose starb am 30. November 1875 75 Jahre alt in Bautzen als "Handeslmann und Einwohner allhier". Im Sterberegister der Bautzener St. Petrikirche steht bei der Eintragung der Zusatz: "unverheiratet, hinterlässt einen Bruder". Dass der Zusatz "unverheiratet" erfolgte, lässt schließen, dass die 1823 geschlossene Ehe schon seit langen Jahren nicht mehr existierte. Daher wussten die Bekannten von Friedrich August Ose, als sie seinen Tod Pfarramt meldeten, auch nichts mehr davon. Am 2. Dezember 1875 wurde Friedrich August Ose begraben. War der Tod für ihn eine Erlösung aus einem schweren und beengten Dasein?
Wir sind den Ereignissen vorausgeeilt, weil wir erst die Angaben über Friedrich August Ose (1800-1875) dargelegt haben. Kehren wir jetzt zum Anfang des 19. Jahrhunderts zurück.
Verhängnisvolles Jahr 1806
Die sächsische Armee hatte trotz mancher Erfahrung im 1. Koalitionskrieg 1792-1797 kaum Fortschritte gemacht, vor allem aber die aus dem siebenjährigen Krieg stammende starre Kampfesweise beibehalten. Die alten starren Formen, der Gamaschendienst, wie er sich nach dem siebenjährigen Krieg herausgebildet hatte, herrschte bis 1806 ungeschwächt in der sächsischen, aber auch in der preußischen Armee. Im Jahr 1806, beim Kampf gegen die moderne französische Armee unter Napoleon, gab es ein bitteres Erwachen für die sächsische, aber auch für die preußische Armee (Landkarte aus dem Jahr 1853).


Nach der Schlacht bei Austerlitz am 2. Dezember 1805, in der Napoleon über die Österreicher und Russen siegte, und dem darauf folgenden Frieden zu Schonbrunn am 15. Dezember 1805 verständigten sich auch Frankreich und Preußen hinsichtlich ihrer Differenzen. Im Rahmen eines gegenseitigen Gebietsaustausches übergab Napoleon das Gebiet des Kurfürstentums hannover an Preußen, obwohl er dazu gar nicht berechtigt war, da ja der englische König zugleich Kurfürst von hannover war. Aber schon 1806 stellte Napoleon bei Verhandlungen mit England in Aussicht, die übergabe hannovers an Preußen wieder rückgängig zu machen. Dieses Verhalten Napoleons betrachtet Preußen als Verhöhnung und erklärte Frankreich in einem Ultimatum vom 7. Oktober 1806, Napoleon müsse alle französischen Truppen aus Deutschland abziehen. Napoleon, dessen Truppen auf der Linie Frankfurt/Würzburg/Bamberg standen, fasste dies als Kriegserklärung auf und marschierte beschleunigt nach Norden, um die preußische Hauptstadt Berlin zu erobern.

In dieser sich schon vor dem 7. Oktober 1806 zuspitzenden Lage hatte der sächsische Kurfürst schon am 10. September 1806 den größten Teil der sächsischen Armee mobil gemacht und sie nach und nach dem preußischen Oberkommando unterstellt. Unter den mobil gemachten Truppenteilen befand sich auch das Regiment Prinz Xaver. Die mobil gemachten sächsischen Truppen umfassten etwas 21000 Mann und 4500 Pferde. Ein Teil war in die Gegend von Altenburg konzentriert. Am 28. September ließ man sie bis Borna/Zeitz/Zwenkau/Lausigk zurückmarschierten, um Platz für den Durchmarsch preußischer Truppen von Nord nach Süd zu schaffen. Leider erfolgten bei den weiteren Märschen auch der sächsischen Truppen viele Umdispositionen, die z.T. wenig sinnvoll waren. Dies war vor allem Dingen darauf zurückzuführen, dass das preußische Hauptquartier über die Bewegungen der französischen Truppen höchst schlecht informiert war. Zudem befanden sich die sächsischen Truppen noch keineswegs in wirklich kriegsfertigen Zustand (Ausrüstung u.a.).

Im Rahmen des vormarsches der Franzosen von Süden und der preußisch-sächsischen Truppen von Norden was am 10. Oktober 1806 zu dem Gefecht bei Saalfeld. Prinz Louis Ferdinand von Preußen, der Befehlshaber der Avantgarde (vorhut) der preußisch-sächsischen Armee des Fürsten von Hohenlohe, war am Morgen des 10. Oktober von Rudolstadt in Richtung Saalfeld ausgerückt. Um 8 1/2 Uhr ließ er die Brigade Bevilaqua, bestehend aus sächsischen und preußischen Truppen unter dem Oberbefehl des sächsischen Generalmajors Bevilaqua, verstärkt durch das Regiment Prinz Xaver, in eine Stellung bei Wohlsdorf aufmarschieren. Nach dem Prinz Louis Ferdinand noch einige Umgruppierungen befohlen hatte, ließ er durch die Regimenter Prinz Xaver und Kurfürst einen Angriff auf diejenige Höhe ausführen, von der sich die hohe Straße von Saalfeld in das Tal hinabzieht. Der Angriff geriet jedoch ins Stocken, als das Regiment Prinz Xaver von der französischen Besatzung des Dorfes Beulwitz mit mörderischen Feuer empfangen und gleichzeitig in der rechten Flanke beschossen wurde. Das Regiment Prinz Xaver begann zu schwanken, und das Regiment Kurfürst in der Meinung stehend, der Rückzug sei befohlen, folgte der eingetretenen rückwärtigen Bewegung. Zwar erstelle es nach Erkennen des Irrtums die Front wieder her, erhielt aber bald Befehl, den Rückzug Fortzusetzen. Nachdem so die Avantgarde des prinzlichen Korps zum Rückzug gezwungen war und bereits beide Flügel vom Feind umgangen waren, griffen auch noch zwei bis dahin verdeckt gestandene französische Husarenregimenter in den Kampf ein. Diesem warf sich Prinz Louis Ferdinand in der Spitze von fünf Schwadronen (Kompagnien) sächsischer Husaren entgegen und fiel dabei im Kampf. über das Gefecht selbst urteilte damals ein Fachmann: "Der Sieg der Franzosen bei Saalfeld war ein Sieg der neueren über die alte Lineartaktik, obwohl die letztgenannte keineswegs die einzige Ursache der Niederlage war".

Die Trümmer der zur Avantgarde gehörenden sächsischen Truppen, darunter das Regiment Prinz Xaver, marschierte in der Nacht zum 10. zum 11. Oktober über Rudolstadt nach Kahla, und von da am 11. Oktober nach Jena, wo an der Straße nach Weimar gesammelt wurde. Die Sachsen hatte in dem Gefecht bei Saalfeld folgende Verluste:

108 Tote
an ihrer Verwundung gestorbene und Vermißte
274 Verwundete
420 Gefangene

In der Nacht 15./16. Oktober, also einen Tag nach der ebenfalls verlorenen Schlacht bei Jena, lagen Reste des Regiments Prinz Xaver bei Sangerhausen. von Saalfeld bis Sangerhausen sind es etwa 130 km, so dass sich ein täglicher Durchschnitt von etwas 25 km ergibt. von da wurden die sächsischen Truppen nach Barby dirigiert (ca. 80 km). Hier gelang es u.a., auch das Regiment Prinz Xaver wieder zu vereinigen. Auf Grund des inzwischen zwischen Napoleon und Sachsen abgeschlossenen Neutralitätsvertrages konnten in der Regel ab 21. Oktober die sächsischen Truppen in ihre Standorte zurückmarschierten. Am 11. Dezember 1806 folgte der Friedensschluss zwischen Frankreich und Sachsen: Sachsen musste 25 Millionen Francs zahlen, 20000 Mann zum weiteren Kampf Napoleons gegen Preußen zur Verfügung stellen. Sachsen musste dem Rheinbund beitreten. Ausserdem wurde Sachsen Königreich.

Das Ergebnis dieses Feldzuges war für Sachsen niederschmetternd und dürfte auch die Armee sehr bedrückt haben. Die vortreffliche, wohl disziplinierte, vom besten Geist beseelte sächsische Armee wurde in wenigen wochen zertrümmert, ja vernichtet. Zur Niederlage trug vor allem auch die schlechte Führung seitens Preußens bei und natürlich die veraltete Kampftaktik. Es war ein schwacher Trost, dass Napoleon der sächsischen Armee Respekt zollte.

Beförderungen und Versetzungen

Spätestens Anfang November 1806 dürfte August Friedrich Ose wieder in Merseburg eingetroffen sein, sehnlichst erwartet von seiner Familie, die ja in all den Kriegswochen im ungewissen war, wie es ihrem Familienoberhaupt wohl ginge. Es gab zwar vielleicht schon eine Feldpost, die aber bei der Turbulenz dieses Feldzuges 1806 kaum funktioniert haben dürfte. Erstmals hatte König Ludwig XVI. von Frankreich die Feldpost auch zur Beförderung von Post der Soldaten an ihre Angehörigen zugelassen. vorher war sie nur für militärische Post verwendet worden.

1806 war der Regimentsinhaber Prinz Xaver gestorben. Daraufhin übernahm das Regiment ein Herr von Oebschelwitz. Im April 1810 wurde das Regiment wegen zu geringer Mannschaftsstärke aufgelöst. Offiziere und Mannschaften wurden auf andere Infanterieregimenter verteilt. So kam August Friedrich Ose 1810 für einige Monate zum Regiment Friedrich August.

Die Beförderungen von August Friedrich Ose verliefen wie folgte:
1790 wird er im Heirats-Aufgebot als Korporal bezeichnet. Wann diese Beförderung stattfand, ist nicht bekannt. Korporal ist der unterste Unteroffiziersdienstgrad. 1798 erscheint er im Taufregister von Merseburg als Vater seiner Zwillinge als Sergeant. Sergeant ist ebenfalls ein Unteroffiziersdienstgrad, der in Deutschland nach dem 1. Weltkrieg 1914-1918 abgeschafft wurde. Schließlich wird August Friedrich Ose am 1. November 1816 zum Feldwebel befördert, nachdem er 32 Jahre lang in der sächsischen Armee treu gedient hatte. Feldwebel war bis 1918 der höchste Unteroffiziersgrad. 1816 gehörte August Friedrich Ose bereits der Halbinvaliden-Kompagnie in Waldheim an.

Im Sommer 1808 wurden die im Herzogtum Polen, dessen Staatsoberhaupt auf Anordnung Napoleons der sächsische Kurfürst geworden war, stationierten sächsischen Truppen durch andere abgelöst. Zu diesen Truppen gehörte auch ein MusketierBataillon des Regiments v. Oebschelwitz. Es kann mit Sicherheit behauptet werden, daß August Friedrich Ose nicht zu diesen Truppen gehörte, da er 1809 mit seiner Einheit in Ungarn war.

Feldzug gegen Österreich 1809

1809 glaubte sich österreich-Ungarn in der Lage, die Herrschaft Napoleons in Deutschland erschüttern zu können, zumal sich damals auch wenige französische Truppen in Deutschland befanden. Jedoch hatte Napoleon nach dem Beginn des österreichischen Angriffs im April 1809 schnell ein ansehnliches Heer in Bayern konzentriert. Selbstverständlich musste auch der zu Napoleons Machtbereich gehörende Rheinbund zum Kampf gegen österreich Truppen stellen, also auch das Königreich Sachsen. Das sächsische mobile Hilfskorps, bestehend aus zwei Divisionen (Heeresverband aus gemischten Waffen zur Lösung selbstständiger Aufgaben), umfasste insgesamt 16300 Mann. Sie bildeten das 9. Armeekorps der französischen Armee. Oberbefehlshaber des Armeekorps war Marschall Bernadotte, der spätere König von Schweden. Zu der 2. Division des Armeekorps gehörte ein MusketierBataillon des Regiments von Oebschelwitz als Bestandteil der 2. Brigade unter dem sächsischen Generalmajor von Zeschau. Zu ihm gehörte mir Sicherheit auch August Friedrich Ose. Die Truppen des 9. Armeekorps marschierten am 15. April 1809 von Dresden über Meißen, Altenburg, Jena, Weimar, Rudolstadt, Hof, Wunsiedel und Kemnat nach Cham/Bayr. Wald. Sie trafen am 12. Mail 1809 in Passau ein. Die Truppen waren also von Dresden etwa 4 wochen unterwegs und hatten dabei etwa 600 km zurück gelegt (Tagesdurchschnitt etwa 20 km). In Passau vereinigte sich das 9. Armeekorps mit der französischen Division Dupas. Die Division hatte etwa 4000 Mann, so dass damit das 9. Armeekorps etwa 20.000 Mann umfasste. Das 9. Armeekorps blieb bis Ende Mai 1809 bei Passau stehen. Am 31. Mai wurden die Sachsen durch Bayern abgelöst. Das 9. Armeekorps marschierte in ein Hüttenlager bei St. Polten, wo es am 4. Juni eintraf. Am 25. Juni marschierte das 9. Armeekorps weiter in Richtung Wien, wo man am 4. Juli ankam. Man bezog ein Biwack (Lager im Freien, auch mit Zelten und Hütten) auf der großen Donauinsel Löbau bei Wien.

Am ersten Tag der Schlacht bei Wagram am 5. Juli 1809 begann der übergang der sächsischen Truppen von der Insel über die Donau um 9 Uhr und war um 14 Uhr beendet. Erst gegen 18 Uhr näherte sich die französische Armee den österreichischen Stellungen. Die Sachsen entwickelten sich in Richtung auf das Dorf Wagram. Gegen 19 Uhr befahl Napoleon den Angriff. Dabei sollte das 9. Armeekorps (Sachsen und Division Dupas) unter dem Oberbefehl von Marschall Bernadotte die eng geschlossenen feindlichen Linien in der Mitte durchbrechen. Bernadotte, dessen Truppen durch Abgabe an andere Einheiten geschwächt waren, ließ trotzdem gegen Wagram vorgehen. Wenn die Sachsen nun auch in das Dorf Wagram eingedrungen waren, so konnten sie es doch nicht ganz erobern. In der Dunkelheit gab es zudem ein grosses Durcheinander, vor allem auch deshalb, weil die weißen Uniformen des Sachsen mit den weißen Uniformen der österreicher verwechselt wurden. Die Sachsen mussten sich daher zurückziehen. Bernadotte stellte am 7. Juli 1809 in einem Tagesbefehl an die Sachsen fest, dass sie das Zentrum des feindlichen Armee durchbrochen und in Wagram eingedrungen seien und am 6. Juli das Gefecht wieder aufgenommen hätten. Napoleon hatte sich über diesen Tagesbefehl von Bernadotte, den er sowieso nicht leiden konnte, geärgert, weil Bernadotte das Verdienst an dem Gelingen des Angriffs den Sachsen bescheinigt hatte, dabei aber der Ruhm der französischen Truppen zu kurz gekommen sei.

Den Oberbefehl über die sächsischen Truppen übernahm nun der französische General Graf Reynier. Unter ihm kämpften die Sachsen auch noch 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig. Reynier war ein nobler Charakter, der viel Verständnis für die Sachsen äußerte, die ja doch mehr oder weniger widerwillig auf Seiten der Franzosen kämpfen mussten. Nach der Schlacht bei Wagram marschierten fast alle sächsischen Truppen unter dem Befehl von Reynier in die Nähe von Preßburg, das damals noch zu Ungarn gehörte. Schließlich blieb die 1. Division des sächsischen korps und damit August Friedrich Ose von Mitte Juli 1809 bis November 1809 in Stärke von etwa 10000 Mann bei Preßburg stehen. Wie uns berichtet wird, litt August Friedrich Ose 1809 in Ungarn am Nervenfieber, das leider im Genesungszeitraum durch einen Diätfehler zurückkehrte, nach acht wochen aber bis auf eine mehrere Jahre anhaltende Mattigkeit ausgeheilt wurde. Allerdings meinten 1825 die ärzte, dies Nervenfieber habe eine dauernde Schwäche zur Folge und Einfluss auf die Konstitution von August Friedrich Ose gehabt.

Am 14. Oktober 1809 wurde zwischen Frankreich und österreich Frieden geschlossen. Gemäß Friedensvertrag mussten die sächsischen Truppen Preßburg räumen und bezogen daher für etwa einen Monat das Lager im Wiener Wald. Erst am 11. Dezember kam der Befehl zum Abmarsch in die Heimat. Entlang dem Böhmerwald erfolgte der Rückmarsch durch Bayern. Die meisten Truppen erreichten erst Anfang 1810 die Garnisonen und mussten daher das Weihnachtsfest fern von ihren Familien feiern.

Vom Regiment v. Oebschelwitz zur Halbinvaliden-Kompagnie

Im Rahmen der Reorganisation der sächsischen Armee wurde die Regimentsstärke von 1754 auf 2073 Mann erhöht. Zu diesem Zweck wurde u.a. das Regiment von Oebschelwitz wegen zu geringem Mannschaftsbestandes aufgelöst. Ende April 1810 schied August Friedrich Ose aus seinem bisherigen Regiment aus und kam Anfang Mai 1810 zum Infanterieregiment Prinz Friedrich August. Dieses war aus dem 1711 errichteten Regiment Graf Flemming hervorgegangen. 1798 erhielt es den Namen Prinz Friedrich August. Aus ihm ging schließlich 1871 das einst in Leipzig stationierte Infanterieregiment 107 hervor, zu dessen Regimentsmarsch der Text "107, 107 ist das schönste Regiment..." gesungen wurde.

Das Regiment Prinz Friedrich August hatte folgende Standorte:

Wurzen: Stab und 1. Musketier-Bataillon
Oschatz: 2. Musketier-Bataillon

Wir wissen bisher nicht, ob August Friedrich Ose zum 1. oder 2. Bataillon gehörte, ebenso wenig, ob seine Familie von Merseburg nach dem infrage kommenden Standort übersiedelte. Sehr wahrscheinlich ist dies nicht, zumal August Friedrich Ose schon nach 3 Monaten, Ende Juli 1810, wieder aus dem Regiment ausschied, offensichtlich auch gesundheitlichen Gründen. Denn sonst wäre er wohl kaum anschließend zur 2. Halbinvaliden-Kompagnie nach Colditz versetzt worden. Colditz ist ein kleines Städtchen an der Zwickauer Mulde. Es besitzt ein Renaissance-Schloss auf dem Felsen am rechten Muldenufer. Es entstand 1578-1591 unter der Verwendung spätgotischer Teile.



Das Muldenstädtchen Colditz in Sachsen um 1830.
Hier lebte August Friedrich Ose (1762-1825) mit seiner Familie von 1810-1815 als Angehöriger der Halbinvalidenkompagnie zur Bewachung des im Schloss untergebrachten Arbeisthauses.


Das Invalidenkorps wurde 1727 gegründet. Es bestand aus zwei Bataillonen zu vier Kompagnien mit je 165 Mann mit 32 Unteroffizieren, zusammen etwa 1600 Mann. Es gab Invaliden- und Halbinvaliden-Kompagnien. Man versorgte auf diese Weise nicht mehr für den aktiven Einsatz verwendbare soldaten, da es damals keine Invaliden- oder Altersfürsorge ausser den Armenhäusern gab. Die Halbinvaliden-Kompagnien nahmen zum Garnisonsdienst noch taugliche Soldaten auf. Sie wurden zur Bewachung von Festungen, Schlossern und Strafanstalten verwendet (z.B. Wittenberg, damals noch Festung, Königstein, Sonnenstein, Pleißenburg in Leipzig, Meißen, Waldheim, Zeitz, Weida, Eisleben, Schloss Werms-Dorf, Strafanstalt Colditz). 1736 wurden aus den vier Halbinvaliden-Kompagnien fünf Garnison-Kompagnien formiert und zwar für die festen Plätze Wittenberg, Sonnenstein, Stolpen und Pleißenburg. 1748 wurde die Halbinvaliden-Kompagnie "Zuchthaus Waldheim" errichtet, die seit 1810 176 Mann umfasste, während die Colditzer nur 118 Mann hatte. 1764 wurden die Garnison-Kompagnien aufgelöst, dafür aber je eine Halbinvaliden-Kompagnie zur Besetzung von Barby und Gommern gebildet. 1795 entstand aus dem aufgehobenen Schlosswachkommando zu Warschau die Halbinvaliden-Kompagnie Colditz. Schließlich wurden 1821 die beiden Halbinvaliden-Kompagnien Waldheim und Colditz zur Garnison-Division der Festung Königstein zusammengefasst, die allerdings 1841 schon wieder aufgelöst wurde. Die Invaliden- und Halbinvaliden-Kompagnien trugen wie die Infanterie weiße Uniformen, jedoch mit schwarzen Aufschlägen. Der Uniformschnitt glich dem der Infanterie. Die Knöpfe waren weiß.

Im August 1810 kam August Friedrich Ose zur 2. Halbinvaliden-Kompagnie nach Colditz. Sowohl Waldheim wie auch Colditz lagen an der wichtigen Straße von Dresden über Freiberg nach Leipzig, die die Verbündeten nach der Schlacht bei Dresden benutzten, aber auch schon im Mai 1813 nach der verlorenen Schlacht bei Großgörschen (3. Mai 1813) beim Marsch in Richtung Dresden - Lausitz. Die Stadt hatte 1835 etwa 3500 Einwohner, eingerechnet die 350 Insassen des Zwangsarbeitshauses, das neben einigen Behörden im Schloss untergebracht war. Später entstand aus dem Zwangsarbeitshaus eine Heil- und Pflegeanstalt. Die Stadt besaß eine steinerne Muldenbrücke, die 1813 zweimal zerstört wurde, im Mai durch die verbündeten österreicher und Russen, um die Verfolgung durch die Franzosen bei ihren Rückzug nach Dresden bzw. der Lausitz nach der Schlacht bei Großgörschen, in der die Franzosen gesiegt hatten, zu behindern, im Oktober durch die Franzosen, um den Vormarsch der Verbündeten nach Leipzig zu behindern. All das hat August Friedrich Ose in Colditz miterlebt. In den Kampfhandlungen war die HalbinvalidenKompagnie kaum verwickelt. So hatte z.B. schon im 7jährigen Krieg Friedrich der Große die HalbinvalidenKompagnie in Waldheim für neutral erklärt, weil sie keine kampffähige Truppe war und nicht militärische Aufgaben versah. August Friedrich Ose dürfte während dieser Monate in den Besitz des Aufrufs des russischen Generals v. Wittgenstein gekommen sein, den wir im folgenden behandeln.

Russischer Aufruf "An die Sachsen" vom 23. März 1813

Original Dokument Seite 1
Original Dokument Seite 2


Durch August Friedrich Ose ist uns der Text eines Aufrufes des russischen Generals Graf (später Fürst) Ludwig Adolf von Wittgenstein (1769-1843) überkommen. General Graf von Wittgenstein befehligte seit April 1813 als Nachfolger des bedeutenden , damals verstorbenen Generalfeldmarschalls Kutusow die russischen Truppen in Deutschland. Als er den Aufruf an die Sachsen erließ, war er noch nicht Oberbefehlshaber, aber vermutlich Stellvertreter des erkrankten Kutusow. Er zeigte sich aber der neuen Aufgabe keineswegs gewachsen. Insbesondere versagte er in der wichtigen Schlacht bei Großgörschen (bei Lützen) Anfang Mai 1813, in der die Preußen und Russen den Truppen Napoleons gegenüber standen. V. Wittgenstein vereitelte in dieser Schlacht durch Fehler den genialen Schlachtplan des preußischen Generals v. Scharnhorst, so dass die Franzosen siegten. Nach der Schlacht bei Bautzen am 20./21. Mai 1813 verliert v. Wittgenstein sein Kommando und wird zum Oberbefehlshaber der russischen Truppen ernannt, die der böhmischen (österreichischen) Armee unter dem oberbefehl des österreichischen Feldmarschalls Fürst v. Schwarzenberg zugeteilt sind.

Nach der verlorenen Schlacht bei Großgörschen ziehen sich die Verbündeten Russen und Preußen in Richtung Dresden zurück und weiter in die Lausitz. Dabei sind besonders die Städte an der Straße Leipzig-Dresden betroffen, die an Flussübergängen liegen, z.B. Grimma und Colditz an der Mulde, Waldheim an der Zschopau. Sie haben nicht nur viel Not und Verluste durch die durchziehenden Truppen beider Seiten, sondern auch durch die Zerstörung ihrer Brücken. Denn die Verbündeten wurden auf ihren Rückzug heftig von französischen Verbündeten Truppenverfolgt. Um sich Entlastung zu verschaffen und die verfolgten Franzosen aufzuhalten, zerstörte man die Brücken. August Friedrich Ose erlebte dies in Colditz. Darüber existiert zwar kein Bericht, jedoch sind solche erhalten über Waldheim und Grimma, die wir am Ende der Lebensbeschreibung von August Friedrich Ose beschreiben. Besonders der Bericht über Waldheim zeigt, welche Belastung für diese kleine armen Städtchen Durchmarsch und Einquartierung der Truppen von Freund und Feind bedeuteten, zumal die Wohnverhältnisse äusserst beschränkt waren. Selbst in Garnisonstädten gab es damals kaum Kasernen. Die soldaten und ihre Familien waren in engen Bürgerquartieren untergebracht.

Es ist sehr wahrscheinlich, ja kann sogar fest angenommen werden, dass August Friedrich Ose beim Rückzug der Russen damals in Colditz, wo er seit 1810 als Angehöriger der HalbinvalidenKompagnie lag, 1813 den Ausruf erhalten hat, der uns überliefert ist. Das Blatt, das den Text des Ausrufes enthielt, hat das Format 210x330 mm und ist vorder- und rückseitig engzeilig handschriftlich mit deutscher Schrift beschrieben. Der Ausruf trägt die Unterschrift: "Gegeben in meinen Hauptquartier zu Berlin am 11. bzw. 23. März 1813. Graf von Wittgenstein". Dabei ist der 11. März das Datum nach dem Julianischen Kalender, wie er bis 1918 in Russland bzw. der UDSSR benutzt wurde. Der 23. März hingegen ist das Datum nach dem Gregorianischen Kalender, wie in seit 1582 zumindest die Länder europas außer Russland benutzen.

Ob es sich bei dem Ausruf um einen Entwurf, ein Original oder eine Abschrift handelt, ist mit letzter Sicherheit nicht zu klären. Das Meiste entspricht allerdings für eine Abschrift. Denn der v. Wittgenstein entworfene Ausruf dürfte höchstens bis zur beauftragten Druckerei gelangt sein, da solche Aufrufe ja in relativ großer Stückzahl hergestellt werden müssen. Der Auffassung, dass es sich um eine Abschrift handelt, neigt auch das DDR-Staatsarchiv in Merseburg zu, welchem eine Kopie des Blattes vorgelegt wurde. Leider konnte das Staatsarchiv die Unterschrift von v. Wittgenstein nicht mit einen anderen vergleichen, da die hierfür in Frage kommenden deutschen Akten durch Kriegseinwirkung verloren gingen.

Dass ein solcher Aufruf wirklich damals existierte, geht aus der entsprechenden Literatur einwandfrei hervor. In dem Buch "Zur Geschichte der Tagesliteratur während der Befreiungskriege" von Paul Czygan, Seite 207 (Leipzig 1911, Verlag Duncker & Humboldt) heißt es:

"Unter den Ausrufen, die auf allen Wegen das sächsische Volk zur Bewaffnung ausriefen, waren. so sagt die "Darstellung" weiter, die merkwürdigsten die von Grafen Wittgenstein unterzeichneten Aufforderungen, von welchen der erste zu Berlin am 23. März erlassene den Sachsen die Wahl zwischen seinem brüderlichen Gruss und dem Schwerte ließ, und sie in die Reihen seiner Kriegsscharen aufnahm."

Dieser Hinweis bezieht sich ohne Zweifel auf den uns überlieferten Aufruf an die Sachsen. Auch noch eine weitere Literaturstelle erwähnt ihn eindeutig. In dem Buch "Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen" von Dr. Th. Flathe, S. 133 (1873, Gotha, Verlag Pethes), BAnd 3 (1806-1866) heißt es:

"...ähnlich lauteten noch verschiedene andere Proklamationen an die Sachsen, in denen auch die Erinnerung an die Tapferkeit ihrer angeblichen Vorfahren unter Wittekind nicht fehlte: Wittgenstein redete zu ihnen aus Berlin, 23. März, schlicht und eindringlich, und nochmals am 30...."

Damit dürfte der Nachweis erbracht sein, dass der v. Wittekind Aufruf tatsächlich als solcher existiert hat, und hier zumindest eine Abschrift vorliegt. Der Aufruf lautet (Rechtschreibung modernisiert):

"An die Sachsen!

Brave Sachsen, wie soll ich zu Euch reden? Als Euer Feind? Das bin ich nicht. Ihr seid mir biedere Deutsche, und ich bin gekommen im Namen meines Kaisers, um allen Deutschen von dem schimpflichen Jochs zu befreien. So will ich denn als Eurer Freund mit Euch reden; hört mich! Denn ich meine es gut mit Euch! Es mag wohl sein, dass ihr stutzt beim Anblick der Russen und Preußen, die benachbart in Eurer Land rücken; es mag wohl sein, dass ihr bekümmert sein, und nicht recht wisst, was ihr tun sollt, da Euer König Euch verlassen und Euch Ruhe geboten hat. Aber wenn ein Haus brennt, so muss man nicht erst den Eigentümer um Erlaubnis fragen, ob man loschen dürfe. Eurer Königs Haus brennt schon lange; er selber ist in Not, er darf nicht sprechen, wie es ihm ums deutsche Herz ist. Denn bedenkt doch nur! Er, ein deutscher König, der schon so lange Euren Schweiß und Eurer Blut den Franzosen hat liefern müssen, er sollte Euch zur Ruhe ermahnen in einem Augenblick, wo Ruhe ein Verbrechen ist. Es hat eine Stunde geschlagen, die nicht zum zweiten Mal schlägt, die Stunde der Befreiung von dem fremden Joche! Und er selbst konnte verlangen, dass Ihr Eure eigene Ehre verstoßt? Seit 45 Jahren hat er Eurer Glück, Eure Ehre gewollt, und er sollte nun Eurer Unglück, Eure Schande wollen? Nimmermehr! Hat er Euch doch selbst vermahnt, Ihr möchtet den Ruhm der alten Sachsen behaupten. worinnen besteht denn dieser alte Ruhm? Leset in Euren Chroniken; da werdet Ihr finden: Es gab einmal einen herrschsüchtigen Kaiser der Franken, man nannte ihn Karl den Großen. Der hat dreißig Jahre gegen Euch Krieg führen müssen, um Euch zu unterjochen. Damals hattet Ihr auch einen König, er hieß Wittekind. Der verließ Euch nicht in der Not und riet Euch nicht zu, Ihr solltet ruhig sein. Er führte Euch selbst in den blutigen Krieg für Eure Freiheit! Seht da, das ist Eurer alter Ruhm, an dem müßt Ihr Euch halten! Tausend Jahre sind seitdem verflossen; seit 1000 Jahren hatte Euch Gott nicht wieder mit einer solchen Geisel heimgesucht; nun ist sie wieder da, und Ihr wollt nicht gegen sie kämpfen wie damals? Ihr wollte den Rücken freiwillig entblosen? - Hört und bedenkt, wieviel leichter Euch jetzt der Kampf gemacht wird als Euren Vorfahren vor 1000 Jahren; die standen allein, die mussten allein gegen den mächtigen Karl sich wehren. Ihr aber steht nicht allein; mein Kaiser mit seiner ganzen Macht, der König von Preußen mit seiner ganzen Macht, sind zu Eurer Hilfe, zu Eurer Rettung aufgestanden, und - wenn Ihr wollt -, so wird der Kampf nicht dreißig Jahre dauern. Wir werden in einem Jahr, so Gott will, die Ketten abschütteln, und dann wird jeder mit Ehren ruhig sein dürfen. Dann werden Eure zerstörten Fabriken wieder aufblühen, Euer Handel wird die alten versperrten Wege wieder finden, Euer Ackerbau wird gedeihen, Eure Sohne werden nicht mehr zur Schlachtbank geführt werden, kurz, dann ist die schöne Zeit der Ruhe gekommen, für die Euer König selbst Euch danken wird. Wer aber bis dahin ruhig bleiben wollte, den erkenne ich für keinen echten Sachsen, für keinen Deutschen. Wer nicht mit der Freiheit ist, der ist gegen sie! Darum wählt! Meinen brüderlichen Gruß oder mein Schwert! Vereint Euch mit mir, um Euren König und seine Selbständigkeit wieder zu erobern; dann möge er Euch, so Gott will noch 45 Jahre in Frieden und überfluss regieren; denn glaubt nicht, ich wollte Euch von ihm nicht abwendig machen; ich will vielmehr die Band zwischen Euch und ihm wieder enger knüpfen, die von fremder Tyrannei zerrissen wurden. Ihr sollt einen freien König haben und freie Sachsen genannt werden. Auf! Drauf!" Bewaffnet Euch! Und wäre es auch nur mit Sicheln und Sensen und Keulen! Vertilgt die Fremdlinge von Eurem Boden! Mich und meine Russen und die tapferen Preußen sollt ihr überall finden, wo die Gefahr am größten ist. Schon hat Gottes Gericht sich am übermütigen offenbart! Glaubt mir, wir werden siegen! Gottes Langmut ist erschöpft! Wir werden siegen! so spreche ich nicht aus eitler Prahlerei, sondern im Vertrauen auf Gott und die heilige gerechte Sache.
Gegeben in meinem Hauptquartier zu Berlin am 11. bzw. 23. März 1813. Graf von Wittgenstein"


Als dieser Aufruf erschien, wussten die Sachsen noch nicht, dass im Vertrag von Kalisch am 29. Febr. 1913 der russische Zar Alexander und der preußische König Friedrich Wilhelm III. vereinbart hatten, dass nach dem Sieg über Napoleon Preußen ehemals polnische Gebiete an Rußland zurückgeben sollte, dafür aber Preußen ganz Sachsen erhalten sollte. Das war ein altes preußisches Ziel seit Friedrich dem Großen. Wenn auf dem Wiener Kongreß 1815 Preußen nur die Nordliche Hälfte von Sachsen erhielt, verdankt dies Sachsen nur dem energischen Einspruch von England und Österreich. Als Königreich existierte Sachsen dann unter den Wettinern noch bis 1918, wurde dann Freistaat. Nach 1945 wurde das Land Sachsen in Bezirke aufgelöst.

Letzte Lebensjahre in Waldheim

Mit Wirkung vom 1. August 1815 wird August Friedrich Ose zur 1. Halbinvaliden-Kompagnie nach Waldheim versetzt. Dort wird er am 1. November 1816 zum Feldwebel ernannt, dem höchsten Unteroffiziersgrad. Die Beförderung war vor allem auch mit einer Solderhöhung verbunden. Damals waren noch 3 Kinder zu Hause; die Tochter Johanna Christiana Friederike, 24 Jahre alt, der älteste Sohn Johann Karl Wilhelm, damals 18 Jahre alt, sowie sein 16 jähriger jüngerer Bruder Friedrich August. Was die Kinder damals hinsichtlich Berufs- oder Schulausbildung taten, wissen wir leider nicht. Der Elementarschule dürften die Jungen schon entwachsen gewesen sein. Vielleicht gab Ihnen der Pfarrer zusätzlichen Unterricht z.B. in Latein, vielleicht auch in anderen Fächern. Eine auswärtige Unterbringung verboten wohl die Einkommensverhältnisse von August Friedrich Ose.

Am 14. Februar 1818 traf die Familie ein harter Schlag: die Ehefrau und Mutter Johanna Friederike geb. Schultze starb im Alter von nur 54 Jahren. Am 18. Februar wurde sie in Waldheim beigesetzt.

Der Dienst in der Halbinvaliden-Kompagnie bestand im wesentlichen in der Bewachung der Zuchthäusler. Die Halbinvaliden-Kompagnie hatte ihr Wachlokal an der einen Seite des Eingangstores. Sie hatte jedoch auch die Aufgabe, Zuchthäusler zu begleiten und zu bewachen die zur Arbeiten privater Art im Gewerbe oder im Handwerk in Waldheim eingesetzt wurden. Mit der internen Verwaltung und dem Tagesablauf im Zuchthaus und dem Strafvollzug hatte die Halbinvaliden-Kompagnie nichts zu tun.

Als 1821 die Halbinvaliden-Kompagnie in Waldheim aufgelöst wurde und zusammen mit der Halbinvaliden-Kompagnie in Colditz als Garnison-Kompagnie auf die Festung Königstein/Elbe verlegt wurde, schied August Friedrich Ose am 31. August 1821 aus dem Militärdienst aus. Er war damals fast 0 Jahre und seit 42 Jahren Soldat, davon 37 Jahre in der sächsischen Armee. Offensichtlich wurde er bei dieser Gelegenheit zum königlich sächsischen Leutnant befördert. Als solcher wird er sowohl auf dem Trauschein seines Sohnes Friedrich August 1823 als auch in der Todesanzeige 1825 bezeichnet. Diese Beförderung hat ihn sicher mit großer Freude erfüllt. Ob sie mit einer Versorgung nach dem Ausscheiden aus der Armee verbunden war, wissen wir nicht.

In August Friedrichs letzte Lebensjahre fallen noch zwei bereits erwähnte Familienereignisse: die Hochzeit seiner Tochter Johanna Christina Friederike, die, 29 Jahre alt, am 8. Mai 1821, also kurz vor dem Ausscheiden August Friedrichs Ose aus der Armee, den Waldheimer Schuhmacher Friedrich Christian Elste heiratet. Wir dürfen wohl annehmen, dass sie ihrem alten Vater weiterhin den Haushalt führte neben ihrem eigenen. Es waren ja auch noch die beiden Söhne zu Hause, bis sie nach Dresden auf die Akademie gingen.

Eine weitere Hochzeit, bereits erwähnt, fand am 9. November 1823 in Dresden statt: dort heiratete der jüngste Sohn Friedrich August Ose Fräulein Christina Wilhelmina Winkler aus Bernstadt.

Ungetrübt waren die Jahre als Pensionär ebenso wenig wie auch die letzten Berufsjahre für August Friedrich Ose wohl nicht, weil seine Gesundheit noch durch das in Kriegszeiten sehr ungesunde und anstrengende Soldatendasein gelitten hatte. Wir besitzen einen Krankheitsbericht aus seinen letzten Lebenstagen, der uns über seinen Gesundheitszustand genau informiert. Dieser Krankheitsbericht ist vermutlich die Arbeit eines Medizin-Studenten der Medizinisch-chirurgischen Akademie in Dresden, die damals sein Sohn Johann Karl Wilhelm (1798-1880) besuchte. Dieser Bericht ist für uns auch deshalb von unschätzbarem Wert, weil dort auch frühere Krankheiten angegeben sind mit Jahreszahl und Ort, was uns gestattet, das Leben als Soldat von August Friedrich Ose weitgehend zu rekapitulieren.

Mein Bruder Hans Ose hatte die Freundlichkeit, den mehr als 20seitigen Krankheitsbericht durchzuarbeiten und einen zusammenfassenden Kurzbericht zu verfassen. Er lautet:

"Stellungnahme zum Krankheitsbericht über August Friedrich Ose nach heutiger Beurteilung von Hans Ose.

Mein Urgroßvater litt seit Jahren als Soldat an Atembeschwerden, die sich im Laufe der Zeit verschlimmerten. Man muss bedenken, dass er - zwar von "kräftiger Konstitution" - aber mit diesen Beschwerden mehrere Feldzüge mitmachte. Die damaligen Unternehmungen waren bekannter Weise sehr strapaziös, die Soldaten litten an mangelnder Verpflegung, Unterbringung und Kleidung. Die sanitären Verhältnisse waren nicht die besten. Es wurden lange entbehrungsreiche Märsche verlangt. Für einen Gesunden schon abträglich, wie viel mehr für einen geschwächten Organismus.
Das Nächtigen im Freien führte zu Erkältungen. Wir dürfen annehmen, dass neben dem Atembeschwerden (Bronchialkatarrh, Asthma) auch eine Feldnephrititis (Nierenentzündung) auftrat. Chronische Lungenleiden schädigen das Herz. Das asthenische Herz führte zu Stauungen in der Leber, deren Entzündung und spätere Schrumpfung hat Stauungen im Pfortadergebiet des Bauches zur Folge, so dass es zum Ascites (Bauchwassersucht) kam. Diese und die anderen Oedeme erschweren die Herztätigkeit immer mehr, so dass sie schließlich zum Erliegen kommt.
Die Ärzte suchten damals eine Ursache für die multiplen Krankheitszeichen ("eine entzündliche Ursache fehlt"). So kam man auf das sog. Krätzegift. Die Krätze ist aber eine das Allgemeinbefinden nur wenig störende Krankheit der Haut, die nur durch das ständige Jucken lästig ist.
Wir müssen annehmen, dass unser Vorfahre ein Opfer seines durch Kriegsstrapazen induzierten Herzleidens erlag".


Krankheitsbericht Original Seite 1
Krankheitsbericht Original Seite 2
Krankheitsbericht Original Seite 3
Krankheitsbericht Original Seite 4
Krankheitsbericht Original Seite 5

Seit 1813 litt August Friedrich Ose an der Psydracia (Ausschlag?), die anfänglich unordentlich behandelt wurde, in den 1820er Jahren aber durch Salben und Bäder z.T. beseitigt werden konnte. Die Atembeschwerden nahmen vor allem in dem letzten Lebensjahr 1824/25 immer mehr zu. Auch litt er in den letzten Lebensjahren immer mehr an Blähungserscheinungen bzw. Bauchwassersucht. Anfang Februar 1825 nahmen diese sehr zu und führten zu einer nicht unerheblichen Vergrößerung des Unterleibumfangs des nunmehr 63jährigen. Der Urin war rot und ging auch nur mit Mühe ab. Der Kranke hatte daher den dringenden Wunsch, von Fachärzten behandelt zu werden. Im Krankheitsbericht werden diese als Clinici Therapeutici bezeichnet. So trat August Friedrich Ose - allein oder von einem Familienmitglied begleitet? - am 4. Februar 1825 die Reise in der Postkutsche nach Dresden an. Das Wetter war sehr stürmisch und kalt. Der Kranke überstand diese anstrengende Reise gut. Bald nach seiner Ankunft in der Medizinisch-chirurgischen Akademie wurde er untersucht. Dazu muss man wissen, dass damals sein Sohn Johann Karl Wilhelm (1798-1880) an der Akademie sich zum Militärarzt ausbilden ließ. Ob August Friedrich Ose seine letzten Lebenstage in dem der Akademie angegliederten Krankenhaus verbrachte oder in der vermuteten Wohnung seines Sohnes, ist nicht mehr feststellbar. Zur letztgenannten Lösung kam es evtl. wegen der auch wohl damals nicht niedrigen Kosten für die Unterbringung in einem Krankenhaus. In dem Zimmer seines Sohnes konnte er von diesem zumindest betreut werden und die Akademieärzte ihn dort besuchen und ihm die Medizin verordnen. Man könnte sogar auf den Gedanken kommen, ob der Krankenbericht vom eigenen Sohn verfasst wurde. Allerdings spricht die Schrift dagegen, wie wir sie von Johann Karl Wilhelm Ose kennen. So muss diese Frage offen bleiben.

Sofort nach dem Eintreffen in der Akademie hat man August Friedrich Ose am 5. Februar untersucht. Die Untersuchung ergab - gekürzt - folgendes:

Regelmäßiger Körperbau, mittlere Körpergröße, im Gewicht schon hippokratische Züge, Lippen hochrot, Brust weit und regelmässig gebaut, Unterleib aufgetrieben, an der rechten Seite eine rote schmerzhafte entzündete Stelle, Unterschenkel und Hände etwas geschwollen, Respiration schwach und 30-40 mal in der Minute, Puls 100 Schläge/Minute, etwas schwach. Wegen der Atmungsbeschwerden liegt der Patient am liebsten auf der rechten Seite. Schlaf ziemlich gut, Geistesfunktion regelmässig, äusserungen sind lebhaft und von viel Hoffnung auf Leben, die Stimme etwas matt und heiser. Die Schilderung des Krankheitszustandes ist natürlich.

In dem Krankheitsbericht folgt dann eine ausführliche Diagnose, die wir hier nicht vollständig wiedergeben können:

Die seit 20 Jahren zuweilen auftretenden Kreuz- und Rückenschmerzen, das gelegentliche Herzklopfen, die Neigung zu Blähungen sowie die fühlbare Anschwellung der Leber beweisen, dass schon seit einiger Zeit Unordnung im Kreislauf, namentlich der Pfortader (Teil des venösen Blutkreislaufes) vorhanden sind.
Daher bewirken auch Anstrengungen der Brustorgane, z.B. beim Exerzieren trotz der guten Konstitution und des regelmässigen Brustbaus Bluthusten und legte auch in der Lunge den Kern zu ferneren Erkrankungen. Offenbar hat auch das in Ungarn überstandene Nervenfieber einen dauernd schwächenden Einfluss auf die Konstitution gehabt. Das vor 10 Jahren einwirkende und durch fehlerhafte Behandlung im Körper heimisch gewordene Krätzegift bleib nicht ohne Wirkung. Die sitzende Lebensweise in einem mit Bergen umgebenen Wohnort, wie es in Waldheim war das zunehmende Alter, der Heilversuch der Psydracia steigerte die Krankheitsanlage in den Lungen und den Unterleibsorganen immer mehr, bis letzten November durch eine feuchtkalte Witterung eine Verschlimmerung eintrat. Die ganze Krankheit könnte wohl mit folgenden Namen bezeichnet werden: Hydrops thoracis et abdominis diffusus chronicus ex scabie neglecta et plethora abdomindi ortus et cum physconia hepatis compositus.


Die Diagnose ließ wenig Hoffnung auf Genesung. Man versuchte mit Medikamenten zu helfen, die in dem Krankheitsbericht genau verzeichnet sind. Die Schwellung des Unterleibs nahm zu, die Atmung wurde schwieriger. So ging es dem Kranken von Tag zu Tag schlechter. Am 14. Februar setze der Puls bei jedem 4. bis 9. Schlag aus. Am 16. Februar früh 3 Uhr trat ein schmerzloser Tod ein, nachdem schon um Mitternacht völlige Sprachlosigkeit erkennbar war. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, dass sein Sohn Johann Karl Wilhelm an seinem Krankenbett weilte und auch den Tod seines Vaters miterlebte. Ob auch der jüngste Sohn Friedrich August anwesend war, wissen wir nicht.

Im Sterberegister der Dresdner Kreuzkirche ist angegeben, dass der Verstorbene 2 Söhne hinterlassen habe. Deren Schwester, Frau Elste, wird nicht erwähnt. Ihr Tod in Waldheim ist nicht nachweisbar. Ein Versehen des Kirchenbuchführers dürfte kaum vorliegen, und die beiden Söhne hatte schließlich keinen Grund, die Existenz ihrer Schwester zu verleugnen. Im Sterberegister befindet sich noch der Eintrag: Kleine Brüdergasse Nr. 311. Vermutlich hat dort der Sohn Joh. Karl Wilhlem gewohnt.

Die in der Dresdner Zeitung erschienen Todesanzeige hat folgenden Wortlaut:

Am 16. Februar 1825 verschied an den Folgen einer Darmentzündung unser unvergeßlicher Vater, der sächsische Leutnant a.d. Armee August Friedrich Ose, im 63. Jahr eines musterhaften, nur seinem König und seinen Pflichten treu geweihten Lebens. Diese Anzeige widmen den Freunden des Verstorbenen dessen Kinder.

Am 19. Februar 1825 wurde August Friedrich Ose begraben. Vermutlich auf dem Elias-Friedhof, der von der Kreuzkirchengemeinde von 1680-1876 benutzt wurde.

Das Zucht-, Armen-und Waisenhaus zu Waldheim

Nach dem 30jährigen Krieg 1618-1648 nahm die Unsicherheit für Leben und Gut nicht nur infolge des unsäglichen Elends, das der 30jährige Krieg hinterlassen hatte, sondern auch wegen der grausamen Rechtssprechung der Carolina mit ihren Verstümmelungsstrafen sehr überhand. Die Carolina war die "Peinliche Gerichtsordnung", die Kaiser Karl V. am 25. Juli 1532 zum Reichsgesetz erhoben hatte, und die noch bis Mitte des 18. Jh., z.T. noch bis 1871 Gültigkeit besaß. Doch hatte sich schon im 18. Jh. allmählich die überzeugung durchgesetzt, dass der "Strafzweck weniger in einer abschreckenden Grausamkeit des Strafübels, als vielmehr mit einer Strafe anzubahnenden Besserung seine wohltätige Grundlage finde."

In diesem Sinn beschloss der sächsische Kurfürst August des Starke (1670-1733) "zur Abstellung leichter Bettelei sowie der zahlreichen Brand- und Mordschäden gewisse Zucht- und Armenhäuser zu bauen, darinnen dem ganze Lande zum Besten die Notdürftigen und Unvermögenden versorgt, die Boshaften aber zu gewisser Arbeit angehalten werden sollten."

Nach eingehender Beratung entschloss sich die eingesetzte Kommission für das im damaligen Amt Rochlitz gelegene herrschaftliche Schloss Waldheim und zwar das eigentliche Schlossgebäude und die beiden Hauptgebäude zu diesem Zweck zu verwenden. Der 1715 sofort in Angriff genommene Umbau ging so schnell voran, dass das Gebäude schon 1716 seiner Bestimmung übergeben und der Betrieb aufgenommen werden konnte.

Die "Züchtlinge" waren im Erdgeschoss in Zellen untergebracht, die gleichzeitig als Wohn-, Schlaf- und Arbeitsraum dienten. Im Obergeschoss lebten in Stuben und Kammern die Armen und die Waisen; diesen dienten als Schlafräume weitere Kammern. Das eigentliche Schloßgebäude enthielt die Wohnung der Hausverwaltung, die Küche, die Wäscherei u.a. Am Eingangstor befand sich die Wohnung des Zuchtmeisters. Dieser gegenüber fand die Miliz, d.h. die Halbinvaliden-Kompagnie, ihr Wachlokal. Sie hatte nicht nur die Gebäude zu bewachen, sondern auch tagsüber die in der Stadt öffentliche Arbeiten ausführenden oder im Gewerbe als Hilfskräfte tätigen "Züchtlinge" und auf ihren Weg vom und zurück zum Zuchthaus begleiten.

Die Einlieferung der "Züchtlinge" erfolgte nur mit Genehmigung der Landesregierung. Der Verkehr der Züchtlinge mit der Waldheimer Bevölkerung war bei schwerer Strafe für beide streng untersagt. Züchtlinge, Arme und Waisen unterschieden sich durch Farbe und Form der Einheitskleidung jeder Gruppe. Ausser dem Frühstück gab es zwei Hauptmahlzeiten 11 und 18 Uhr. Die Züchtlinge erhielten täglich 1000 - 1500 g Brot nebst Salz, an einigen Tagen der Woche auch Suppe und Zuggemüse, ferner 4x im Jahr 500g Fleisch und eine Kanne Bier. Die Armen und Waisen wurden natürlich wesentlich besser versorgt.

Die Disziplin war für die Züchtlinge sehr hart. Schon bei der Einlieferung erhielten sie 12, später sogar 25 Schläge (Corpatz-Streiche??) auf den Rücken. Die Männer bekamen zudem ein geschmiedetes Beineisen, die Frauen einen mit einer Kette angeschlossenen Holzklotz an die Beine. Schon nach wenigen Jahren wurde ein zweiter Zuchtmeister eingestellt, da nach Vergehen als Strafe Schläge auf den Rücken üblich waren.

Beträchtliche Schwierigkeiten bedeuteten die konfessionellen Unterschiede der Züchtlinge. Zur Regel wurde daher, dass katholische Züchtlinge in das städtische Zuchthaus Leipzig kamen.

Da die Armen und Waisen mit der Halbinvaliden-Kompagnie praktisch nichts zu tun hatten, braucht ihre Lebensweise hier nicht erörtert zu werden. Für die Jugendlichen wurde viel getan, um sie gut auszubilden. Im übrigen kam man später zu der überzeugung, dass man in einer Anstalt nicht Züchtlinge einerseits und Arme und Waisen andererseits unterbringen sollte.

Die Züchtlinge mussten hart arbeiten. Aber auch die Armen und Waisen wurden zu regelmässiger Arbeit angehalten. Die Arbeit begann früh zeitig und zwar nach dem Morgengebet und Frühstück, nachdem um 4 bzw. um 5 Uhr geweckt worden war. Sie dauerte mit Ausnahme des Essenspausen in der Regel bis 20 Uhr.

Die Anlage Waldheim hatte sich bald bewährt und diente auch für andere Anlagen und solche in anderen Ländern als Muster.

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Geschrieben: Karl Ose

Digitalisiert: Stefan Ose 2020 (gekürzte Fassung)


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